Motorenbenzin ist ein komplexes Gemisch aus über 100 verschiedenen, überwiegend leichten Kohlenwasserstoffen. In flüssigem Zustand bei 15 Grad Celsius liegt die mittlere Dichte bei 0.755 kg/Liter. Je nach Zusammensetzung liegt der Siedepunkt bei 28 bis 210 Grad Celsius. Die Oktanzahl als Messgrösse für die Klopffestigkeit beträgt heute 95, 98 und 100 ROZ.

Die PKW-Hersteller schreiben für ihre Motoren eine bestimmte Oktanzahl vor, um Motorschäden durch Klopfen zu verhindern. Sofern die Motoren dafür entwickelt sind, kann mit höherer Oktanzahl eine Leistungsverbesserung erfolgen. Ausser der Unterscheidung nach Klopffestigkeit gibt es noch die Unterscheidung in Sommer- und Winterbenzin (angepasster Siedeverlauf). Im Sommer gilt es der Dampfblasenbildung vorzubeugen, im Winter ist dem Kaltstart (0 bis -35 Grad) vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken. Der Grundkraftstoff unterscheidet sich bei den verschiedenen Mineraloel- Konzernen nicht, er stammt häufig aus derselben Gross-Raffinerie. Direkt vor der Tankwagenverladung wird ein Additivpaket beigemischt, das von den Konzernen spezifisch und marktgerecht entwickelt wird.

Motorenbenzine 1900 bis 1950

In der Anfangszeit des Automobils wurde der Kraftstoff mit einer Oktanzahl von 30 bis 40 ROZ, in den 30er Jahren dann mit ca. 60 bis 70 ROZ hergestellt. Damit Benzin für die Motoren brauchbar wurde, vor allem im Rennsport, wurden sehr oft Alkohol, Benzol oder Methanol beigemischt. (Volumenanteil bis 40% Benzol, giftig und krebserregend).

Motorenbenzine 1950 bis 1985

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Additive meist nicht (noch nicht) verfügbar. Ab 1955 wurde in verschiedenen Mengen „Blei-Tetraethyl“ zugefügt, um Dank der Klopffestigkeit die Verdichtung der Motoren erhöhen zu können und die spezifische Leistung dadurch anzuheben. Im Motorsport auf die Spitze getrieben, wurden bis zu 108 Oktan ROZ erreicht. (Hochgiftig und geheime Mischungen).

Motorenbenzine 1985 bis heute

Seit 1985 ist auf dem europäischen Markt ein normiertes Benzingemisch von 95 Oktan ROZ (Super Bleifrei) erhältlich. Seit dem 1. Januar 2000 ist nur noch bleifreier Kraftstoff erhältlich. Kurzfristig erfolgte mit der Einführung der Katalysatortechnik eine Leistungseinbusse bei der Motorenentwicklung. Die Weiterentwicklung erfolgte allerdings schnell, sodass bald Super Plus (98 Oktan) und V100 (100 Oktan) im Markt der stark steigenden Motorleistungen viele Abnehmer fanden. Um die hochgiftigen und unkontrollierbaren Kraftstoffe im Motorsport zu unterbinden wurde per Reglement, so auch in der Formel 1, nur noch „handelsüblicher“ Kraftstoff mit maximal 102 Oktan ROZ zugelassen. Benzinproben in Training und Rennen haben schon vermehrt zu Disqualifikationen geführt.

Anforderungen an Oldtimer-Benzine

Im Gegensatz zu heutigen Automobilen konnte man in Fahrzeugen der 20er Jahre bis zum zweiten Weltkrieg sehr oft den Zündzeitpunkt am Lenkrad verstellen (von Spätzündung «retarded» zum Starten bis max. Frühzündung «fully advanced» für volle Leistung). Ein geübter Fahrer mit viel Gefühl kann so bei hörbarem Zündungsklingeln korrigieren. Je nach Qualität des getankten Kraftstoffes, den äusseren Bedingungen (Meereshöhe, Luftdruck) sowie der Beladung des Fahrzeuges wurde dem Triebwerk mehr oder weniger Frühzündung zugemutet. Die Weiterentwicklung ging rasant vorwärts, die Motorleistungen stiegen ebenso rasant an. Dementsprechend musste der Kraftstoff auch angepasst werden. Klopfsensoren und Temperaturfühler aller Arten ersetzten so das Feingefühl des Fahrers. Ein weiterer Punkt war der tiefe Siedepunkt des Benzins, da Tank und Vergaserentlüftungen im Freien endeten. Kalter Kraftstoff wurde getankt an der Zapfsäule, die Erwärmung im Fahrzeugtank bedingte eine Ausdehnung. Sowohl der Benzingeruch wie auch Benzinflecken auf dem Parkplatz riefen nach Abhilfe. Ganz besonders störend wirkte die Dampfblasenbildung im heissen Umfeld des Triebwerkes (ab ca. 35 Grad). Mit steigender Aussentemperatur und zunehmender Meereshöhe verloren die Motoren viel Leistung und liessen sich nach einem Kaffeehalt nicht mehr starten. Zündkerzen „verbleiten“. Wurde die Selbstreinigungstemperatur nicht erreicht, so mussten die Kerzen manuell gereinigt werden. Diese und andere Probleme wurden mit neuer Technik gelöst, dementsprechend ging auch die Entwicklung der Kraftstoffe in diese Richtung. Tiefgreifende Aenderungen per Gesetz erforderten von der Oldtimer Gemeinde eine rasche Anpassung und die Suche nach Alternativen.

Alternative: Bleiersatz

Grundsätzlich haben Fahrzeuge mit Baujahr nach 1985 keine Probleme und können ohne Bleiersatz betrieben werden. Bei Fahrzeugen vor 1950 gibt es zwei Lager mit unterschiedlichen Meinungen: Bleiersatz nötig oder gerade nicht nötig. Für Fahrzeuge der Periode 1950 bis 1985 sind unter Mitwirkung der Hersteller von den Mineraloelkonzernen Additiv-Zumischungen entwickelt worden, welche die fehlenden (giftigen) Zusätze ersetzen. Nicht jeder Treibstoff passt jedem Fahrer. So sind auch die Wirkungen der Additive leicht unterschiedlich. Der Motorenfachmann ist gefordert, um die passende Mischung für den jeweiligen Motortyp zu empfehlen. Für sportliche Fahrzeuge empfiehlt sich ein Additiv mit gleichzeitiger Anhebung der Oktanzahl (Oktanbooster). Generell sollten Zumischungen durch den Verbraucher unterbleiben, weil dadurch das aufeinander abgestimmte System des Kraftstoffes mit den vom Hersteller eingesetzen Additiven gestört werden kann.

Welcher Motor braucht Bleiersatz

Die ersten Erfahrungen mit bleifreiem Benzin waren zahlreich und kostspielig. Mineraloelkonzerne wie auch Autohersteller mussten tief in die Tasche greifen, um Schäden zu begleichen. Die Problemzone war rund um den Ventiltrieb der „alten“ Motoren zu finden, insbesondere im Bereich der Auslassventilsitze. Fahrzeuge mit „weichen“ Ventilsitzen, wie z.B. aus Grauguss, benötigen im Fahrbetrieb mit hoher Last und Drehzahl (vorwiegend Autobahn) einen besonderen Verschleiss-Schutz. In der Vergangenheit sorgten hiefür die Bleiverbindungen im Kraftstoff. Triebwerke werden heute bei Revisionen an die neuen Gegebenheiten angepasst. Sowohl Ventile, Ventilführungen und im speziellen die Ventilsitze werden in aufeinander abgestimmten Materialien gefertigt und mit neuer Technik in alte Komponenten eingepasst. Der Fachmann kann feststellen, welche Art der Ventilsitze bei den entsprechenden Motoren verwendet wurde und wie das Triebwerk auf „bleifrei“ umgestellt werden kann oder ob ein zusätzliches Additiv empfehlenswert ist. Besonders wichtig: Veränderungen können nur im Zusammenhang mit dem Ventilspiel festgestellt werden. Also ist dem Intervall für eine Prüfung des Ventilspiels besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Expertenmeinungen

Da heute noch vorhandene Oldtimer-Fahrzeuge kaum noch über längere Strecken mit voller Last und Drehzahl betrieben werden ist die Gefahr eines Schadens in der Regel nicht mehr so gross. Eine Ausnahme bilden sportliche Wettbewerbe wie Rundstrecke und das Arosa Bergrennen.
Die Zahl der Expertenmeinungen pro und kontra „Bleiersatz“ ist ebenso gross wie die Zahl der Anbieter. In erster Linie geht es darum, Schäden an Motoren zu vermeiden, ohne durch überflüssige zusätzliche Beimischungen die Verbrennung zu verändern und die Abgase negativ zu beeinflussen. Der Fachmann ihres Vertrauens kennt die spezifischen Probleme und Anforderungen ihres Fahrzeuges. Ebenso wichtig sind auch die Unterhalts- und Einstellarbeiten mit den vom Hersteller vorgeschriebenen optimalen Einstelldaten.

Ventilsitz löst sich aus dem Zylinderkopf.

Ventilsitz löst sich aus dem Zylinderkopf.

Ventil verkrümmt, Ventilführung gebrochen, Kolben gestaucht. Es resultiert ein Motorschaden

Ventil verkrümmt, Ventilführung gebrochen, Kolben gestaucht. Es resultiert ein Motorschaden